Bakschisch und Händler in Ägypten
(Stand: Februar 2019)
Ein elendes Thema - gerade wenn man neu in diesem Land ist...
Obwohl wir im Vorwege die Reise komplett bezahlt hatten - also inklusive aller
Eintrittskarten, Transfers, Bootstouren, Taxi, Pferdekutsche, ...
wurden wir von jedem Dienstleister genötigt bis massiv bedrängt,
doch ein 'angemessenes' Trinkgeld zu geben.
Wir hatten uns natürlich vorab informiert, und wussten, dass bei jeder Gelegenheit Bakschisch eingefordert wird
und waren dementsprechend vorbereitet.
Aber die erreichten Dimensionen haben uns doch erschreckt, um nicht zu sagen: verärgert!
Für jede angebotene Hilfe (egal ob aufgedrängt oder nicht erbeten), wurde die Hand aufgehalten.
Beispiel: Wir standen an einer Weggabelung und schauten links und rechts.
Da kam ein netter Einheimischer und sagte frei übersetzt:
links sind Geschäfte und rechts sind die Banken und hielt für diese Offenbarung die Hand auf.
Um das Ganze zu verstehen, hier erstmal zwei generelle Infos:
- Durchschnittsgehalt eines Lehrers in Ägypten: umgerechnet 75 Euro p.M.
- Wechselkurs circa 1 Euro gleich 20 Ägyptische Pfund EGP (Stand Feb. '19)
Und jetzt eine Liste der Gelegenheiten, wo wir Bakschisch gezahlt haben, bzw. sollten:
- Kofferträger: pro Stück 10 oder 20 Pfund
beliebter Trick (gerade bei dem Transfer mit dem Boot):
Träger 1 vom Auto zum Boot,
Träger 2 hievt die Koffer auf das Boot, und vom Boot zurück auf den Kai
Träger 3 vom Boot zum Hotel,
Träger 4 im Hotel auf das Zimmer
... und jetzt ratet ...
- Room-Service im Hotel: 20 Pfund pro Tag.
- Toilettenfrau (in Cairo): auf Ansage unseres Guides 20 Pfund - also umgerechnet einen Euro.
(das ist das doppelte von dem, was man in D gibt!! ...und fragt nicht, ob die Toilette es wert war...)
- Außerhalb von Cairo haben wir dann den Betrag auf 5 Pfund gesenkt - was völlig okay war!
- Zum Mittag in einem Restaurant wurde ich vom Guide aufgefordert, ein Bild von der Dame zu machen, die das Brot backt.
Habe ich gemacht, und dann wurde vom Guide gesagt, dass ich ihr dafür jetzt 20 Pfund geben sollte...
- Geht aber auch umgekehrt: man bietet Euch an, mit Eurer Kamera ein Foto von Euch zu machen,
und zack! ist für die Gefälligkeit die Hand offen!
- Oder man bietet Euch an, Euch (bei dem wirklich 'interessanten' Cairoer Verkehr)
für 5 Pfund über die Straße zu helfen.
- Fahrer in Assuan (halbtags): 80-90 Pfund.
- Der Fahrer einer Feluke in Assuan war über 40 Pfund beleidigt -
wohlgemerkt Trinkgeld, die Fahrt war schon vorab bezahlt!
- Beim Start einer Kutschfahrt wurden wir ungefragt fotografiert - bei der Rückkehr war das ausgedruckte Foto da,
und sollte für 2 Euro gekauft werden. Und dann wurde der Händler auch noch sauer, als wir dankend ablehnten.
- Apropos Kutschfahrt:
auch hier hat sich ein einheimischer Guide echt bewährt.
Denn der Preis ist Verhandlungssache.
Und selbst, wenn man sich beim Preis einig ist, sollte man sicher gehen, dass der Preis für ZWEI Personen gilt,
sonst zahlt man am Ende den Preis für den zweiten Gast gleich nochmal!
Das Handeln und Zahlen hat uns der Guide abgenommen.
- Kutschfahrt 2 (aus Erzählungen anderer Gäste):
Wir haben uns auf einen Preis geeinigt - sagen wir mal 5 Euro.
Sobald wir zahlen, kommen tränenrührige Sprüche über 11 kranke Kinder zu Hause,
die man doch bitte mit weiteren 5 Euro unterstützen solle. Gibt man 10, werden 10 nachgefordert, usw.
- Fotografieren kostet oft extra: z.B. 50 EGP im Ägypt. Museum und der Sonnenbarke bei der Cheops-Pyramide.
Wesentlich mehr im Tal der Könige (300 EGP).
- Fahrer in Cairo: 15 Euro (EURO!) pro Tag, Guide in Cairo: ab 25 Euro pro Tag (man beachte: ab und in Euro!).
Dreist war, dass uns die Höhe des Trinkgeldes nicht überlassen wurde, sondern uns ganz direkt gesagt wurde,
dass 15€ für den Fahrer und ab 25€ für den Guide pro Tag (!!) das Minimum wäre,
was die beiden akzeptieren würden, also 1/3 des Lehrer-Monatsgehaltes für einen Tag Betreuung!
Als wir den Chef von Pronto-Tours darauf ansprachen, war er sehr überrascht!
Seiner Aussage nach darf ein Reisführer gar nicht von sich aus ein Trinkgeld einfordern!
- Guide ab Assuan: keine Vorgabe, aber weil der echt gut war, haben wir ihn fürstlich entlohnt.
Es war zu Anfang schwer, hat sich dann aber bewährt: eine gewisse Unfreundlichkeit.
Ein zugerufenes 'Hello' habe ich noch ebenso beantwortet,
aber weiter führende Ansagen oder Fragen einfach ignoriert und vor Allem die Leute dabei bewusst NICHT angesehen.
Denn für Einige ist der Blickkontakt schon die Zusage für einen Handel.
Ähnlich der Schlange Kaa wird man den Blick bzw. den Händler dann nicht mehr los ;-)
Gleiches gilt für das Entgegennehmen von Visitenkarten der Händler (auch bei hingehaltenen Karten im Vorbeigehen).
Das wird vom Händler so interpretiert, dass man mit ihm einen Handel abschließen möchte.
Bitte nicht falsch verstehen - wir geben gerne, wenn wir Service bekommen, aber wir möchten nicht ausgenommen werden.
Die Bakschischnummer hat aber auch ein logistisches Problem, dass schwer zu bewältigen ist.
Stichwort Scheine in der Stückelung 5, 10, 20 Pfund.
Aus den Bankautomaten flattern einem fast nur große Scheine entgegen.
Wie also an kleine Scheine rankommen, man will ja nicht pausenlos etwas kaufen,
um an Wechselgeld zu kommen?
Jörg hatte die tolle Idee, den Toilettenwärter in Abu Simbel zu fragen,
ob er 100 Pfund gegen seine 5 Pfundnoten Toilettengebühr wechseln könnte.
Der machte sofort mit - win/win Situation nennt man das wohl.
Einmal haben wir den Taxifahrer gefragt und zuletzt den Rezeptionisten in Luxor.
Ihr seht, selbst wenn man geben möchte, muss man erfinderisch sein, um die passenden Scheine zu haben.
Das wäre doch mal ne gute Idee für Reiseanbieter, wenn sie ihren Gästen als Sonderservice zum Tausch ein vorbereitetes
'Kleingeldpaket' zur Verfügung stellen.
Schreibe einen Kommentar