Wir komponieren einen Whisky

Ich höre Euch schon wieder:
"Ist er jetzt vollkommen verrückt geworden? Whisky komponieren? Als wäre das ein Orchester mit Geigen, Trompeten und einem dicken Kontrabass!"
Aber nein – keine Sorge, hier gibt's keinen Dirigentenstab, und niemand zwingt die Fässer, im Takt zu swingen.

Doch was wäre, wenn wir die Whiskyherstellung wirklich wie eine Komposition verstehen würden? Ein komplexes Zusammenspiel aus verschiedenen "Instrumenten" – von der Gerste, die die Basstöne liefert, über die Hefe, die für die Melodie sorgt, bis hin zum Fass, das den Rhythmus vorgibt. Klingt gar nicht mehr so abwegig, oder?

In Wahrheit steckt in jedem guten Whisky ein kleines Meisterwerk – eine präzise abgestimmte Harmonie aus Rohstoffen, Prozessen und Zeit. Und wer die Stellschrauben kennt, kann den Charakter des Whiskys formen wie ein Komponist seine Symphonie.

Ich gebe es ja zu: Anfangs dachte ich auch, man füllt einfach das Rohdestillat ins Fass, wartet dann ein paar Jahre voller Neugier ab, um dann hoffnungsvoll aber schon fast ängstlich die erste Probe zu nehmen.

Aber wenn Du unseren Infobereich zur Whiskyherstellung gelesen hast, weißt Du: Es gibt jede Menge Stellschrauben, an denen wir schon viel früher drehen können, um den Charakter des späteren Whiskys gezielt zu beeinflussen.

🛠 ️ Die Aufgabe lautet:

Stell Dir vor, Du betrittst eine alte, duftende Bodega – die Luft ist schwer von süßlichem Sherry und würzigen Holznoten.
Genau dieses Gefühl wollen wir einfangen – erst im Fass, dann im Glas.

Ein Whisky voller fruchtiger, weiniger Sherrynoten und dunkler Aromen, wie man sie in den Ecken andalusischer Weinkeller findet:
Einen schweren, vollmundigen Whisky mit intensivem Bodega-Aroma zu komponieren.
Dafür müssen wir bei jedem Produktionsschritt gezielte Entscheidungen treffen. Hier ein Überblick:

🌾 ️ 1. Rohstoffe

Gerste

Wir wählen eine Gerstensorte mit hohem Stärkeanteil. Sie sorgt für eine kräftige Malzigkeit – die Basis für Körper und Tiefe.

Hefe

Die Hefe soll nicht nur Alkohol produzieren, sondern Geschmack. Ideal ist ein Hefestamm, der viele fruchtige Ester, weinige Noten und schwere, ölige Aromen liefert.

🛢️ ️ 2. Das Fass

Für dieses Aroma braucht es ein Sherryfass, ganz klar. Besonders Oloroso- oder Pedro Ximénez-Fässer bringen die gewünschten tiefen, weinigen Noten mit.

Ein "first fill"-Fass (also ein Fass, das erstmals nach der Sherryreifung für Whisky verwendet wird) verstärkt den Effekt noch.

Ein zusätzliches starkes Ausbrennen ("toasting" oder "charring") kann die Aromatik weiter intensivieren – Vanille, Datteln, Rosinen, Holz.

🧪 ️ 3. Fermentation

Eine lange Fermentation – mindestens 72 Stunden – ist entscheidend. So entstehen viele komplexe Aromen, darunter Ester, Milchsäuren und schwere Fruchtkomponenten, die später die Tiefe des Whiskys prägen.

♨️ ️ 4. Brennblasen und Destillation

Größe der Brennblasen

Kleinere, gedrungene Brennblasen fördern ein dichteres, kräftigeres Destillat.

Form und Lyne Arm

Eine gedrungene Brennblase mit nach unten geneigtem Lyne Arm sorgt dafür, dass weniger leichte Alkohole mitkommen – stattdessen bleiben schwere, ölhaltige Bestandteile erhalten. Genau das wollen wir.

Destillationsgeschwindigkeit

Hier ist das einzige Mal etwas speed angesagt, denn schnelles Erhitzen fördert den schnellen Aufstieg der Dämpfe und erlaubt ebenfalls schwereren Molekülen, in das Destillat zu gelangen, was zu einem stärkeren Whisky führt.

⏱️ ️ 5. Reifung

Die Lagerzeit ist ein weiteres großes Rad, an dem wir drehen können.
Je länger der Whisky im Sherryfass liegt, desto tiefer wird er in die Welt der Bodega eintauchen. Über die Jahre entstehen Noten von dunklen Früchten, altem Holz, Nüssen und Trockenobst.

🎯 ️ Das Ergebnis?

Ein Whisky, der wie ein flüssiger Spaziergang durch eine andalusische Bodega wirkt:
Malzig, fruchtig, weinreich und schwer – mit genau jener eleganten Tiefe, die nur aus der perfekten Kombination von Kunst, Zeit und Holz entsteht.